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Die neue (Nicht)-Weltordnung

Gesagt ist gesagt, es muss was getan werden

 Von einer neuen (Nicht)-Weltordnung zu sprechen heißt zugleich den Eindruck erwecken, es habe bereits eine alte Weltordnung gegeben. Doch der Verlauf der Geschichte im Zeitalter der Moderne und spezifisch in den vergangenen 100 Jahren weist ganz im Gegenteil neben zahlreichen Kriegen (darunter zwei Weltkriege) immer wieder Aufstände, Revolutionen, die Vertreibung von Völkern, terroristische Aktivitäten jeglicher Art, kurz gesagt eine enorme Unordnung auf, die eben als Ordnung definiert wurde. Dass es sich dabei um eine Definition handelt, nach der die Interessen von Nationen erklärt wurden, wird am Beispiel von Kolonialismus und Imperialismus noch deutlicher, in denen doch an erster Stelle die Interessen bestimmter sozialer Klassen in den verschiedenen Staaten zum Ausdruck und zur Ausführung kamen. Auch ist dies insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg ganz eindeutig im Kontext des Ost-West-Konflikts zu sehen mit seinem Instrumentarium wie dem Ostblock unter der Führung der Sowjetunion und dem Westblock unter Führung der USA sowie dem Block der „unabhängigen“ Staaten, der UNO und ihren zahlreichen Unterorganisationen, den Ländergruppen innerhalb der UNO, den Militärpakten NATO und Warschauer Vertrag mit ihren jeweiligen Verbündeten in den Blockfreien Staaten usw. Diesem Konglomerat gab man den Namen „Nachkriegsordnung“. Zwei mächtige Rivalen, die USA und die UdSSR, gaben den Ton an, während die übrigen Staaten, sei es als strategische Verbündete (wie Westeuropa zu den USA und Osteuropa zur UdSSR) oder als zweckverbündete Länder in jedem erdenklichen Teil des Globus Nebenrollen spielten.

In dieser sogenannten Ordnung haben Kritiker die UNO einen „Spielball der Mächtigen“ genannt, insbesondere der beiden oben genannten und teilweise auch der übrigen Vetomächte. In der Tat war die UNO in die Zange der beiden Blockführer geraten, die jeweils vom Standpunkt der eigenen Interessen aus auf die Souveränität der sogenannten Nationalstaaten pochten, wenn auch die meisten dieser „Nationalstaaten“ von Diktatoren beherrscht wurden, die in ihrem Land jeweils verschiedene Nationalitäten mit militärischer Gewalt im Zaum hielten, abgesehen von jenen Ländern, bei denen es sich um überhaupt keine Nationalstaaten handelte. Die Formel der Blockführer war einfach: Verbündete suchen oder schaffen, ganz gleich, ob es sich um ein diktatorisches oder rassistisches Regime wie beispielsweise seinerzeit Südafrika handelte.

In diesem Kontext wurden erhebliche Menschenrechtsverletzungen, blutige „Regionalkriege“ (wie der Vietnamkrieg, der Koreakrieg, der Erste Golfkrieg, der Falklandkrieg, verschiedene „Befreiungskriege“ oder der Afghanistankrieg)[1] aktiv und passiv in Kauf genommen. Kurz gesagt, in dieser Weltordnung herrschte neben dem Kalten Krieg also auch eine Unzahl heißer Kriege und die meisten Bewohner der Erde waren einem elenden sozialen Chaos ausgesetzt. So ignorierten die mächtigen Staaten das Schicksal von Millionen Menschen, deren politische, soziale und individuelle Rechte ohnehin von den mit den beiden großen Blöcken verbündeten Diktaturen (westlich wie östlich) vergewaltigt wurden. Mit Hilfe dieser Blockführer haben zahlreiche Putsche und Gegenputsche stattgefunden und viele demokratisch gewählte Regierungen wurden mit Hilfe der USA beseitigt wie z.B. in Chile in den 1970er Jahren die Allende-Regierung oder in Iran die Regierung Mossadegh Anfang der 1950er.

Mit dem Zusammenbruch dieser Welt-„Ordnung“ in den 1990er Jahren traten die Nationalstaaten vermehrt auf die Bühne. Mit anderen Worten kollidieren heute nicht mehr die Interessen von fest definierten Blöcken miteinander, sondern die Interessen einzelner Staaten, welche im Notfall zweckgebunden miteinander kooperieren. Es gibt nicht mehr den klaren Ost-West-Konflikt, sondern es gibt nur noch Konflikte, die je nach den Interessen der Beteiligten in bestimmte Teile der Erde, insbesondere dorthin, wo Rohstoffe, v.a. Erdöl, und Absatzmärkte eine existenzielle Rolle spielen, verlagert werden. Es sind nicht mehr die beiden Supermächte USA und UdSSR, die den Ton angeben, sondern es existieren heute viele Machtzentren und unterschiedliche Machtkonstellationen. Dabei gilt noch immer die Maxime, dass der Stärkere sich durchsetzt (der 2. und der 3. Golfkrieg haben dies abermals deutlich bewiesen), und es gibt keine Anzeichen für die Entwicklung eines demokratischen Verfahrens zur Bestimmung einer neuen Weltordnung. Man ist vielmehr immer noch bei dem Versuch, die bestehenden Instrumentarien der Nachkriegsordnung für die eigenen Zwecke zu nutzen, das klassische Beispiel ist die UNO.

Zugleich ist heute die Rede vom Zerfall der Nationalstaaten, dieser Legitimationsgebilde des modernen Zeitalters. Schließlich ist angesichts der Globalisierung der Produktion und der Märkte nicht mehr eindeutig zu definieren, welcher Staat für welche Nation zuständig sein soll und wer diese Nationen überhaupt sind. Wodurch definieren sie sich? Auch das Konzept der Nationalökonomie zerbröselt immer weiter. Angesichts der Aktivitäten der transnationalen Konzerne, der Banken, der weltumspannenden Finanzmärkte und der Finanzialisierung großer Teile der Wirtschaft wie auch angesichts der entstandenen transnationalen Kulturen, die sich durch die derzeitigen politischen Strukturen immer weniger regulieren lassen, ist es zunehmend schwierig zu sagen, wer zu welcher Nation gehört, zu wem die weltweit einsetzbaren neuen Technokraten, Manager und „Software-Proletarier“ gezählt werden müssten.

Gleichzeitig expandiert die Migrationswelle in alle Himmelsrichtungen und bei weitem nicht nur entlang der alten Route von Süd nach Nord. Sie trägt bereits den Charakter einer modernen Völkerwanderung und bringt eine schleichende Vermischung der Kulturen mit sich, wodurch wiederum neue Konstellationen im Entstehen sind, durch welche die alten Maßstäbe wie Volkszugehörigkeit, Tradition, Nationalgefühl und Klassenzugehörigkeit ihr ursprüngliches Gewicht verlieren, denn die neuen Menschen sind dabei ein neues Verständnis füreinander zu entwickeln. Dies ist in den westlichen ebenso wie in den östlichen Metropolen zu beobachten, ähnlich sieht es diesseits und jenseits des Atlantiks aus, ebenso in Orient und Okzident. Diese neue Erscheinung ist mit neuen Problemen verbunden, die zu neuen Lösungen führen werden. Die neue (Nicht)-Weltordnung hat also ganz neuartige Fragmente.

In den nationalen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen spielt die Macht eine entscheidende Rolle – wer über mehr Macht verfügt, kann mehr zu eigenen Gunsten durchsetzen. Die Macht wird in unserem Zeitalter auf unterschiedliche Art und Weise ausgeübt, die sich von der Vergangenheit, also dem Zeitalter des Kalten Krieges im Kontext des Ost-West-Konflikts, unterscheidet. Damals wurde auf der Grundlage eines sogenannten Realismus und des Primats der Politik gehandelt, damit wurde jedes Mittel zur Durchsetzung der eigenen Interessen gerechtfertigt.

Heute, drei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der Ostblock-Staaten, sind die Konturen neuer ökonomischer, politischer und kultureller Machtzentren deutlicher zutage getreten. Dabei ist eines zweifelsfrei festzustellen, nämlich dass der Zusammenbruch des kommunistischen Machtblocks nicht unbedingt zur Stärkung der sogenannten westlichen Länder (gemeint sind die USA und Westeuropa) geführt hat, es entstand kein unipolares Machtgebilde unter Hegemonie der USA, wie von manchen erhofft. Im Gegenteil ist für diese Länder und spezifisch für die USA ein Prozess der Machterosion zu beobachten. Die Länder des Westens, insbesondere die USA, befinden sich mittlerweile in einer Defensivpolitik gegenüber den neuen ökonomischen und politischen Machtzentren, sie sind nicht mehr tonangebend, sondern einer von vielen. Wenn auch z.B. die USA und die Europäische Union (EU) auf einigen Ebenen zweckgebunden kooperieren, so ist dennoch klar zu erkennen, dass die EU auf keinen Fall im Schatten der amerikanischen Außen- und Wirtschaftspolitik steht. Selbst hier, diesseits und jenseits des Atlantiks, findet eine enorme Polarisierung der Interessen statt.

Einige dieser politischen und ökonomischen Machtzentren lassen sich folgendermaßen bestimmen: die USA, China, Indien, die EU, die G8+5 (USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada und Russland sowie China, Brasilien, Indien, Mexiko und Südafrika), die D8-Staaten (Developing 8 Countries: Ägypten, Bangladesch, Indonesien, Iran, Malaysia, Nigeria, Pakistan und die Türkei), die BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) oder weitere islamistische Machtzentren, weltweit agierende mafiöse Machtstrukturen[2] etc. Für die an diesen Machtzentren beteiligten Staaten stehen innerhalb dieser Strukturen wiederum jeweils ihre eigenen Interessen im Vordergrund, sodass es trotz äußerlicher Einigkeit durchaus zu Interessenkonflikten kommt, z.B. innerhalb der EU zwischen Deutschland, Großbritannien und Frankreich, insgesamt zwischen Süd- und Nordeuropa (am Beispiel Deutschland –Griechenland konnte man beobachten, wie angesichts der Finanzkrise in Griechenland in den beiden Ländern „Hassprediger“ auf den Plan traten).

Zu diesen Machtkonstellationen zählen mit Blick auf das Primat der Ökonomie, welches in den heutigen internationalen Verhältnissen das Primat der Politik ersetzt hat, auch einzelne Staaten wie Saudi-Arabien, die arabischen Scheichtümer am Persischen Golf und sogar weitere in der Finanzwelt dominante Institutionen wie etwa die Drogenkartelle in Nord- und Südamerika sowie auch Einzelpersonen. Sie sind aufgrund der Finanzialisierung der Wirtschaft in der Lage ihrerseits maßgeblichen Einfluss auf die Weltpolitik auszuüben. Zum Beispiel haben Saudi-Arabien mit 5 Milliarden US-Dollar, Kuwait (mit 4 Milliarden) und die Vereinigten Arabischen Emirate (mit 3 Milliarden) Finanzierungshilfe im Sommer 2013 zum Putsch der ägyptischen Armee gegen die gewählte islamistische Regierung beigetragen, da die USA die jährliche 1,3 Milliarden-Dollar-Hilfe für die ägyptische Armee im Falle eines Putsches einzustellen drohten und einige EU-Länder, u.a. Deutschland, die Entwicklungshilfe einzufrieren gedachten. Die Einmischung arabischer Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar geht bis zur Unterstützung islamistischer Terrorgruppen, etwa in Syrien oder im Irak. Eine dieser Gruppen, die sogenannte ISIS („Islamischer Staat im Irak und Syrien“), ist mittlerweile außer Kontrolle geraten und wird als eine ernsthafte Bedrohung in der Region eingestuft.

Die USA als ehemalige Supermacht sind bei der Schaffung einer neuen Weltordnung als Wortführer für die Demokratie zum Beispiel im Nahen und Mittleren Osten kläglich gescheitert, wie die Ereignisse u.a. im Irak, in Afghanistan, in Syrien und Ägypten bezeugen. Dies trifft auch für das nicht realisierbare Konzept des sogenannten Erweiterten Nahen Ostens aus der Zeit der aggressiven Außenpolitik der US-Administration unter George W. Bush zu, das hauptsächlich darauf ausgerichtet war, den Zugriff amerikanischer Konzerne auf die Erdölreserven in Kuwait und im Irak sowie im gesamten Nahen und Mittleren Osten zu sichern und die Basis für eine dauerhafte Anwesenheit der US-Armee in der Region zu schaffen. Diese Politik führte jedoch im Gegenteil zur Stärkung der politischen Machtposition Irans in der Region (insbesondere im Irak, in Syrien und im Libanon) und einer Stärkung der Wirtschaft der Türkei.

Derzeit zeigt die schwache Außenpolitik der Obama-Administration eine Beschleunigung des Zerfallsprozesses der USA als Supermacht im Sinne einer unipolaren (Nicht)-Weltordnung. Mit dem rasanten ökonomischen Aufstieg Chinas, Indiens, Russlands und Brasiliens und der zunehmenden Verselbständigung der EU zeichnen sich eindeutig die Konturen einer multipolaren (Nicht)-Weltordnung ab. In dieser neuen Konstellation versucht jedes Land oder jedes Zweckbündnis wie die EU mithilfe jeglicher Machtinstrumentarien vor allem die eigenen ökonomischen Interessen durchzusetzen. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele, ganz besonders deutlich wird diese Strategie aber bei den Aktivitäten Frankreichs in Afrika, wo man aktuell dabei ist, ehemalige Kolonien zu rekolonialisieren, und zwar unter dem Motto „Demokratie gegen Fundamentalismus“, etwa in Zentralafrika, wo es um die Sicherung des Zugangs zu Diamanten, Gold und Uran geht. [3]

Unter dem Vorwand der Bekämpfung islamistischer Terroristen werden Armeen in Bewegung gesetzt und man lässt sich medienwirksam in den Straßen als Befreier feiern, wie in Libyen, das mit Hilfe der Kollegen aus England und Unterstützung der NATO in einem regelrechten Luftkrieg erobert wurde (hier ging es um Öl) oder in Mali (auch hier geht es um die Sicherung von Rohstoffen wie Uran, Erdöl, Erdgas und natürlich Gold). China kämpft heute ebenfalls in der Region, wo Frankreich und Deutschland aufmarschieren, um islamistische Terroristen zu bekämpfen, ohne dass allerdings die Frage, wer diese sogenannten islamistischen Gruppen eigentlich finanziert und mit modernen Waffen ausrüstet, thematisiert oder gar geklärt würde.

Deutschland versteckt sich hier hinter der EU und der NATO, um mit Blick auf Osteuropa und bis weit nach Zentralasien hinein den Machtbereich des alten Rivalen Russland zu beschneiden, zugleich kokettiert man mit den finanzstarken archaischen Regimes wie Saudi-Arabien und den Scheichtümern am Golf. Ein Ergebnis ist das EFTA-Freihandelsabkommen mit den Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate), das am 1. Juli 2014 in Kraft getreten ist. Bereits 1994 hat die NATO unter dem Motto „Partnerschaft für den Frieden“ eine Initiative gestartet, um die militärische Zusammenarbeit mit fast 40 europäischen und asiatischen Staaten zu erleichtern. Zwölf von ihnen sind zwischenzeitlich der NATO beigetreten.[4]

Zugleich versucht die Europäische Union durch verschiedene Maßnahmen ihre Absatzmärkte zu erweitern. Währenddessen träumt man in der Türkei vom Pan-Turanimus oder einem euroasiatischen Machtblock mit Russland, Iran, China, Indien, Pakistan und den zentralasiatischen Ländern. Manche blicken auch zurück auf die Grenzen des Osmanischen Reiches und halten ein Bündnis mit den muslimischen arabischen Ländern für möglich. Diese Träume scheinen nicht allzu weit hergeholt, wenn man bedenkt, dass immerhin bereits eine Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft bestehend aus Russland, Weißrussland, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan existiert, aus der 2015 eine Eurasische Union hervorgehen soll.[5]

Im Rahmen der zivilgesellschaftlichen Aktivitäten sind zahllose islamistische Vereine entstanden, die ihre Leute weltweit gezielt in Macht- und Kulturzentren einschleusen, damit sie dort bei geeigneter Gelegenheit ihre Interessen zur Geltung bringen. Ein Beispiel ist die sogenannte Gülen-Bewegung, die über zahlreiche Vereine und Netzwerke weltweit agiert, auch in Deutschland mehrere Schulen und Nachhilfevereine betreibt und deren Mitglieder mittlerweile in der Türkei hohe Posten in der Politik und Judikative, im Polizeiapparat, in Wirtschaft und Armee innehaben. Hier nehmen sie Einfluss, ohne als politische Organisation bezeichnet zu werden. Ihr sogenanntes geistliches Oberhaupt, der 1941 geborene und seit 1999 in den USA lebende Fethullah Gülen, wurde im Jahr 2013 vom TIME Magazin auf die Liste der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gesetzt.

Solche sogenannten zivilgesellschaftlichen Aktivitäten von Seiten der iranischen, türkischen und selbstverständlich auch der arabischen Islamisten, insbesondere aus Saudi-Arabien, wie auch der islamistischen Milliardäre aus den Scheichtümern, unter dem Vorwand Vereine und Stiftungen zu gründen, sind weltweit zu beobachten. Während die von Saudi-Arabien unterstützte extrem konservative Salafisten-Bewegung immer wieder Aufsehen erregt, wirbt die sogenannte Gülen-Bewegung offiziell für ihr „fortschrittliches“ Islamverständnis. Beide finden weltweit Anhänger.

Selbstverständlich sind auch die großen deutschen Stiftungen, auch der politischen Parteien, weltweit vertreten. Sie spielen im zivilgesellschaftlichen wie auch im politischen Geschehen vieler Länder eine Rolle, wo sie den Machthabern häufig ein Dorn im Auge sind. Dies wurde besonders deutlich, als die ägyptische Regierung Anfang 2012 die Büroräume der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo durchsuchen ließ und im Sommer 2013 der ehemalige Büroleiter und seine Mitarbeiterin ebenso wie 41 weitere NGO-Mitarbeiter ausländischer Organisationen, zumeist in Abwesenheit, wegen illegalen Geldtransfers und Arbeiten ohne Lizenz zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

In dieser multipolaren (Nicht)-Weltordnung scheint also alles erlaubt, von der Instrumentalisierung der Demokratie durch Oligarchen, die ihre eigenen „Parteien“ gründen, bis zur Nutzung der Religion und privatester Angelegenheiten der Menschen wie homosexuelle Liebe – alles dient als Anlass, um gegeneinander zu Felde zu ziehen. Andererseits zeigt sich daran auch, dass sich die Welt auf allen Ebenen in einem echten Interaktionsprozess befindet, der durch die Globalisierung, welche sich nicht allein auf die wirtschaftlichen Interessen und Aktivitäten der Mächtigen reduzieren lässt, hervorgerufen wurde und weitergetrieben wird.

Die Grenzen der Nationalstaaten werden auch durch die Menschen zunehmend überschritten und es kommt zur kulturellen Interaktion einschließlich der Kollision kultureller Zusammenhänge. Diese Erscheinung ruft zum Teil große Verunsicherung unter der Bevölkerung hervor, insbesondere unter den älteren Menschen, die sich mit dem Anschluss an die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse schwertun, wohingegen unter den jungen Leuten eine durchaus fruchtbare Interaktion vonstattengeht.

Die Situation im Nahen und Mittleren Osten weist diese Erscheinung in besonderer Weise auf, denn diese Länder sind nicht nur in unserem modernen Zeitalter ein Ort der Kollision verschiedener Kulturen, sondern sie präsentieren auch historisch die Vielfalt menschlicher Kulturen. Ausgerechnet in dieser kulturell und ökonomisch besonders reichen und zugleich komplizierten Region der Welt sind immer noch Diktatoren am Werk, während die mächtigen Länder versuchen, ihre Außenpolitik auf das Funktionieren der wirtschaftlichen Beziehungen zu diesen Ländern zu reduzieren. Dies geschieht trotz des Vorhandenseins einer starken Mittelschicht und massiver Verbindungen zu den westlichen Ländern, in denen nicht nur ein beachtlicher Teil der Intellektuellen, sondern auch ein bedeutender Teil der Mittelschicht, Arbeitsemigranten, politischen Flüchtlinge und Studenten aus dieser Region lebten und immer noch leben, wo sie mit den modernen demokratischen Spielregeln vertraut wurden und sind. Genau diese Menschen sind die Kräfte, auf welche sich eine sogenannte neue Weltordnung stützen könnte und müsste, wenn man denn an einer demokratischen neuen Weltordnung interessiert wäre.

Eine Änderung der alten Politik bedeutet im Klartext die Wahrnehmung und Akzeptanz dieser neu entstandenen Schichten als Partner, ohne jegliche falsche Rücksichtnahme auf beiden Seiten, sowohl auf geschäftlicher als auch auf politischer Ebene. Der einzig zukunftsträchtige Weg wäre die Entwicklung kritischer partnerschaftlicher Beziehungen, in denen die Rechte und Pflichten gegenüber der Bevölkerung der jeweiligen Länder definiert werden und in denen endlich alle Völker dieser Länder in ein Konzept von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit mit dem Recht auf ein menschenwürdiges Leben eingeschlossen sind. Das aber bedeutet für viele Eliten der westlichen Länder einen vielleicht schmerzlichen Abschied von den alten Ideologien, nach denen das Anderssein der anderen mit der diktatorischen Herrschaft über sie gleichgesetzt und der Diktator als legitimer Repräsentant dieser Länder anerkannt wurde. Warum sonst sollte man immer wieder von der alten Garde in den alten Industrieländern zu hören bekommen, dass die nichtwestlichen Länder Demokratiedefizite aufweisen, also mit anderen Worten die Demokratie nicht verstanden haben? Letztendlich werden damit doch die wirtschaftlichen Beziehungen zu den Diktatoren gerechtfertigt, zumal jeder weiß, dass mit ihnen durchaus vorteilhafte Geschäftsbeziehungen gepflegt werden, denn sie haben alle echte Leichen im Keller und sind daher im Notfall leicht erpressbar und wie sich in den arabischen Staaten zeigte, unter dem Beifall der Weltöffentlichkeit relativ schnell zu beseitigen. Und das, obwohl jahrzehntelang die Devise galt: „Mit denen ist es leichter Geschäfte zu machen als mit den demokratischen Spinnern.“ Kurz gesagt, zum Zweck der Investition und Produktion in Billiglohnländern und rohstoffreichen Ländern ist nach wie vor ein stabiles diktatorisches Regime allemal attraktiver als eine labile demokratische Regierung.

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Aus: M. und S. Allafi
Iran - Islamistischer Wirrwarr kontra Demokratie?
Der andere Orient 31
182 Seiten
ISBN: 978-3-930761-86-9


[1] Die Zahl der Kriege beläuft sich insgesamt auf mehr als 200.

[2] Die sizilianische Cosa Nostra, verschiedene russische Mafiaorganisationen, die japanische Yakuza, die türkische, serbische, albanische, polnische Mafia oder die chinesischen Triaden, um nur einige zu nennen.

[3] „Den Militäreinsatz in Mali mit Sicherheitsinteressen zu begründen ist zynisch. Tief im Herzen Afrikas will Frankreichs Staatspräsident Hollande die Versorgung seines Landes mit dem Atomkraftbrennstoff Uran sichern. Geht die Operation schief, ist seine Regierung am Ende“, heißt es z.B. bei www.wiwo.de/politik/europa/frankreich-der-rohstoffkrieg-in-mali/7629346.html; und die FAZ erläutert zum Thema China: „Am Rand der Sahara wird ein Krieg um Rohstoffe geführt, heißt es. Doch diese spielen aus französischer Sicht kaum eine Rolle. Malis wichtigster Handelspartner kommt ohnehin längst aus Asien.“ (http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/mali-das-sagenhafte-reich-voller-gold-und-bodenschaetze-12024831.html „Kriseneinsatz in Afrika: Berlin und Paris schicken gemeinsame Brigade nach Mali - Deutschland und Frankreich entsenden gemeinsam Soldaten in das von Islamisten terrorisierte Mali“, berichtet der Spiegel. (www.spiegel.de/politik/ausland/mali-erster-afrika-einsatz-fuer-deutsch-franzoesische-brigade-a-954468.html)

[4] Albanien, Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn. Die übrigen an der Initiative beteiligten Staaten sind: Armenien, Aserbeidschan, Bosnien-Herzegowina, Finnland, Georgien, Irland, Kasachstan, Kirgisistan, Malta, Mazedonien, Montenegro, Moldawien, Österreich, Russland, Schweden, die Schweiz, Serbien, Tadschikistan, Turkmenistan, die Ukraine, Usbekistan und Weißrussland.

[5] Ende Mai 2014 haben Russland, Weißrussland und Kasachstan mit der Unterzeichnung des entsprechenden Vertrags den ersten Schritt in diese Richtung getan.

 


 

Wer versucht, Menschen gegen Menschen zu hetzen, der hat die Welt immer noch nicht verstanden.
Wer versucht, nationalistisches Getöse von sich zu geben, der hat die Welt immer noch nicht verstanden.
Wer versucht, die Welt auf die Interessen einer Gruppe von Mächtigen zu reduzieren, der hat die Welt immer noch nicht verstanden.
Wer versucht, die Welt auf die Funktion des Geldes zu reduzieren, der hat die Welt immer noch nicht verstanden.

Wer die Welt verstehen möchte, der hat keine andere Wahl, als den Versuch zu unternehmen, die Menschen zu verstehen.
Wer andere Menschen verstehen möchte, muss sich dazu befähigen, er muss sich in die Lage der anderen hineinversetzen können.

Wenn jemand sich in die Lage der anderen hineinversetzen kann, ist er bereit die anderen so, wie sie sind, zu respektieren.
Wenn jemand die anderen respektiert, kann er mit ihnen kommunizieren.

Wenn jemand mit den anderen kommuniziert, nähert er sich der Situation an, in der er die anderen zu verstehen beginnt. 
Wenn jemand die anderen zu verstehen beginnt, bemerkt er, dass die Menschen sehr unterschiedlich sind und er selbst einer von diesen Menschen ist.

So kann man zu der Erkenntnis gelangen, dass diese menschliche Mannigfaltigkeit eine der Haupteigenschaft der menschlichen Gattung ist. 

 


© M. und S. Allafi
Zuletzt geändert: 05/05/16

 

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